Artikel aus dem Nordfriesland Tageblatt vom 6. Februar 2017

Im Training für den Berufsalltag
Beim Projekt „Fit für den Beruf“ der Gemeinschaftsschule lernen die Schüler, was Arbeitgeber von ihnen erwarten und machen „Betriebs-Hopping“.

Sylvie Blanck mit den Schülern. Foto: lempfert

Niebüll
In der Schule fürs Leben lernen. Das ist in der Gemeinschaftsschule für sechs Schultage viel mehr als nur ein Sprichwort. Die Mädchen und Jungen der 9. Klassen lernen, was beim Vorstellungsgespräch zu beachten ist, was ein Arbeitgeber von ihnen erwartet und wie sie ihren Traumberuf finden. Auch Gedächtnistraining, Knigge-Schule und üben für den Einstellungstest stehen auf dem Programm.
Das Projekt nennt sich „Fit für den Beruf“ und wird unter anderem unterstützt durch die IHK, Agentur für Arbeit, Handwerkskammer, HGV, VR-Bank, AOK und das Tanzstudio Stümer. Organisiert wird die Projektwoche von Gyde Hahn, Koordinatorin für Berufsorientierung an der Gemeinschaftsschule.
Diesmal ist auch Sylvie Blanck, Personalmanagerin der VR-Bank Niebüll vor Ort und versucht den Schülern „dicht am Leben“ etwas für ihren beruflichen Werdegang mitzugeben. Die Schüler sollen aufschreiben, welche Erwartungen Arbeitgeber an sie haben und die Schlagwörter an der Tafel vorstellen. Innerhalb von zwei Minuten fällt ihnen kaum mehr etwas ein. „Was erwarten denn eure Eltern von euch? Fast das gleiche will auch euer Chef sehen.“ Die Schüler beginnen eifrig zu schreiben. Dazu fällt ihnen viel ein.
Lennert stellt die Ergebnisse seiner Gruppe vor: „Lernfähig sein, also Dinge die gezeigt werden, schnell umsetzen können. Das Auftreten, also Kleidung und Benehmen.“ An der Tafel kommen viele Begriffe zusammen: Zeitgefühl, Ruhig sein, Respekt haben, Pünktlichkeit, Sorgfalt, gute schulische Leistungen.
„Doch was bedeutet eigentlich Pünktlichkeit? Fünf Minuten vor Öffnung des Geschäfts da zu sein?“, fragt Blanck in die Runde. Das sei ein viel diskutierterPunkt, verrät sie. „In einem Friseursalon etwa muss einiges vorbereitet werden, da ist es also wichtig, deutlich früher da zu sein.“ In einigen Bürojobs reiche es dagegen fünf Minuten vor Beginn. Auch eine gewisse Fitness sei für viele Arbeitgeber einer Kriterium. „Warum ist das so“, fragt die Personalmanagerin in die Runde. Die Schüler haben viele Ideen. Bei der Polizei brauche man sie, um Verbrecher zu fangen. „Und wozu muss ich bei der Bank fit sein?“ Ein Moment der Stille tritt ein. „Um Bankräuber zu fangen“, wirft ein Junge aus der hinteren Reihe ein. Das stimme nicht ganz, so Sylvie Blanck. „Fitte Mitarbeiter sind in der Regel nicht häufig krank. Auch darauf achtet der Chef.“
Das nächste Thema ist: Mein Traumberuf. Sie richtet sich an die Schüler, fragt, was sie denn nach ihrem Abschluss werden wollen. Lennert möchte Kfz-Mechatroniker werden. Die Bewerbungen schickt er morgen ab. Einige seiner Klassenkameraden haben auch schon einen Berufswunsch: Modemanager, Polizist und Land- und Baumaschinenmechatroniker. Andere wissen noch nicht genau, was sie werden wollen. Es sei eine große Entscheidung für das ganze zukünftige Leben. Hier widerspricht Sylvie Blank: „Ihr müsst den Beruf nicht für immer machen. Ich habe zum Beispiel zuerst Zahnarzthelferin gelernt.“ Wichtig sei nur, die Wahl nicht immer weiter aufzuschieben. Praktika seien ein guter Weg, etwas auszuprobieren. „Dabei sollte, wer Mechatroniker werden will, auch mal einen Bürojob als Praktikum machen.“
Ein wenig in die Berufe hereinschnuppern können die 9.-Klässler auch in der Projektwoche. Erstmalig öffnen 15 Betriebe ihre Türen für die Schüler beim „Betriebs-Hopping“. Dabei wählen die Jugendlichen zwischen fünf Routen , auf den jeweils drei Betriebe liegen. „Da können die Schüler etwas nach ihren Interessen gehen. Und sie sind selbst verantwortlich, dass sie pünktlich sind, sich gut benehmen, wie später im Berufsleben“, schildert Lehrerin Gyde Hahn. Auf Route Nummer eins liegen etwa der Biotechnologiekonzern Danisco, das Bauingeneurbüro Johannsen und der Obi Markt. Für jede Station haben die Schüler eine Stunde Zeit. „Dabei sehen sie auch, wie vielfältig die Berufe sind, die sie in der Region lernen können: Lebensmitteltechniker oder Informatikkaufmann.“
Christin Lempfert